Heft 09/2024

Heft September 2024

"Blickpunkt Dienstleistung" Heft 09/24 - Inhalt

  • Stillstand statt Wachstum

  • Dr. Alexander Bissels und Dr. Jonas Singraven Obacht bei der Bestimmung der Dauer einer Probezeit bei befristeten Arbeitsverhältnissen

  • Arbeitskräftemangel in Deutschland: Zeitarbeit treibt Rekrutierung im Ausland und Integration von Geflüchteten voran

  • Rechtsanwälte Heiko Greulich und Christian Andorfer Höchstüberlassungsdauer und Tarifkollisionen: Urteil des LAG Düsseldorf (14 Sa 1133/23)

  • Andreas Elsner zum Vorstand der JOB AG ernannt ManpowerGroup Arbeitsmarktbarometer für Q4/2024 Arbeitsmarkt zeigt Stabilität trotz wirtschaftlicher Herausforderungen

  • Die deutsche Digitalisierung braucht neue Personalansätze

  • Arbeitsvolumen übertrifft erstmals wieder den Vor-Corona-Stand

  • Arbeitsgericht Siegburg: Sexuelle Belästigung auf Betriebsfeier kostet Außendienstmitarbeiter den Arbeitsplatz

  • Hays-Repräsentantin im Vorstand des Charta der Vielfalt e.V.

  • „Die Bundesregierung muss die Fachkräftezuwanderung ohne Wenn und Aber für die Zeitarbeit öffnen!“

  • IAB-Arbeitsmarktbarometer steigt zum dritten Mal in Folge

  • Präsidentschaftswechsel beim Personaldienstleister-Verband swissstaffing

  • Zeitarbeit in der Pflege – eine Chance für Frankfurt

  • Wechselwille der Arbeitnehmenden erneut gestiegen

  • DGUV: So gelingt die Betriebliche Wiedereingliederung

Leseprobe

Dr. Alexander Bissels und Dr. Jonas Singraven

Obacht bei der Bestimmung der Dauer einer Probezeit bei befristeten Arbeitsverhältnissen

Mit Wirkung zum 01.08.2022 hat der Gesetzgeber die „Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen“ in das deutsche Recht umgesetzt. Neben zahlreichen Anpassungen im NachwG wurde auch das TzBfG geändert. Wird bei einem befristeten Arbeitsverhältnis eine Probezeit vereinbart, muss diese in einem (angemessenen) Verhältnis zur Dauer der Befristung und Art der Tätigkeit stehen (§ 15 Abs. 3 TzBfG n.F.). Diese gesetzlichen Anpassungen müssen bei der Arbeitsvertragsgestaltung durch Personaldienstleister beachtet werden.

Bislang ist nicht geklärt, welche (konkreten) Anforderungen diese Vorschrift an die Dauer der Probezeit stellt und welche Rechtsfolgen bei einem Verstoß eintreten.

I. Zusammenfassung der Entscheidung

Ein Urteil des LAG Berlin-Brandenburg bringt insoweit eine erste Klärung (Urt. v. 02.07.2024 – 19 Sa 1150/23):

Die Parteien haben einen auf ein Jahr befristeten Arbeitsvertrag geschlossen und eine viermonatige Probezeit vereinbart. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis innerhalb der vereinbarten Probezeit mit der vereinbarten Frist von zwei Wochen. Hiergegen wehrte sich der Arbeitnehmer mit einer Kündigungsschutzklage.

Nach Ansicht des LAG Berlin-Brandenburg war die vereinbarte Probezeit zu lang – das Gericht sieht „ein Quorum von 25 % als Regelfall jedenfalls bei einer einjährigen Befristung“ als angemessen an (im vorliegenden Fall: eine Probezeit von drei und nicht – wie vereinbart – von vier Monaten). Dem Arbeitgeber war es – so zumindest die Ansicht des LAG Berlin-Brandenburg – auch nicht gelungen, darzulegen, warum bei einer Befristungsdauer von einem Jahr das im Arbeitsvertrag geregelte höhere Verhältnis von Befristungs- und Probezeitdauer in einem Umfang eines Drittels insbesondere aufgrund der Art der Tätigkeit ein angemessenes Verhältnis darstellen würde.

Folgen des Verstoßes gegen § 15 Abs. 3 TzBfG waren die Unwirksamkeit der arbeitsvertraglichen Regelung zur Probezeit und die Anwendung der verlängerten gesetzlichen (Grund-)Kündigungsfrist nach § 622 Abs. 1 BGB.

II. Bewertung

Gerade bei befristeten Arbeitsverhältnissen mit einer Dauer von bis zu einem Jahr sollten Arbeitgeber bei der Bestimmung der Probezeit maßvoll vorgehen. Möchte dieser Rechtsrisiken minimieren, sollte die Probezeit nicht länger als 25% der vereinbarten Dauer der Befristung betragen.

Da in der Praxis Probezeitkündigungen jedoch eher selten gerichtlich angegriffen werden, könnten Arbeitgeber hier aber durchaus höher ansetzen – das Risiko durch die Zahlung einer Vergütung für die verlängerte (gesetzliche) Grundkündigungsfrist dürfte grundsätzlich überschaubar sein.

Dies gilt erst recht unter Beachtung der Tatsache, dass das LAG Schleswig-Holstein jüngst – im Vergleich zu den vom LAG Berlin-Brandenburg aufgestellten Grundsätzen „großzügiger“ – entschieden hat (Urt. v. 18.10.2023 – 3 Sa 81/23). Bzgl. der zeitlichen Relation sei – angesichts des unionsrechtlichen Geltungsbereichs („Befristungen mit einer Dauer von weniger als zwölf Monaten“) und der unionsrechtlich akzeptierten Probezeitdauer von   (...)

Rechtsanwälte Heiko Greulich und Christian Andorfer

Höchstüberlassungsdauer und Tarifkollisionen: Urteil des LAG Düsseldorf (14 Sa 1133/23)

Das Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Düsseldorf vom 9. April 2024 setzt sich mit der zentralen Frage auseinander, wann die Überschreitung der im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) festgelegten Höchstüberlassungsdauer zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses zwischen den betroffenen Parteien führt. Dieses Urteil gewinnt besondere Relevanz durch die damit verbundene Erörterung der Anwendbarkeit und der Kollision von Tarifverträgen in Bezug auf die Höchstüberlassungsdauer.

I. Sachverhalt

Die Frage der Höchstüberlassungsdauer stellte sich im vorliegenden Fall für einen Elektriker, der seit dem 30. August 2021 als Zeitarbeiter angestellt war und ununterbrochen bis zum 10. Mai 2023 bei der Beklagten, einem Unternehmen des Elektrohandwerks, eingesetzt wurde. Der Kläger argumentierte, dass die Überschreitung der gesetzlich festgelegten Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten begründet habe. Er forderte eine Vergütung nach Entgeltgruppe 5 des Entgeltrahmenabkommens. Die Beklagte berief sich hingegen auf den Tarifvertrag der Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM), der eine Verlängerung der Höchstüberlassungsdauer auf 36 Monate vorsieht.

II. Wirksame Verlängerung der Überlassungshöchstdauer

Das LAG Düsseldorf entschied, dass kein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zustande gekommen sei, da die gesetzliche Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten durch den Tarifvertrag der Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM) wirksam auf 36 Monate verlängert worden sei. Dieser Tarifvertrag erfülle die Voraussetzungen nach § 1 Abs. 1b Satz 3 AÜG, der es den Tarifvertragsparteien der Einsatzbranche ermöglicht, eine abweichende Höchstüberlassungsdauer festzulegen. Dabei reiche die Tarifgebundenheit des Entleihers aus, um die Anwendung des Tarifvertrags zu gewährleisten, unabhängig davon, ob der Verleiher oder der Arbeitnehmer tarifgebunden sei.

III. Vorübergehender Charakter der Überlassungsdauer

Das Gericht stellte zudem klar, dass eine Höchstüberlassungsdauer von bis zu 48 Monaten im Sinne des AÜG noch als „vorübergehend“ anzusehen sei. Diese Auslegung stütze sich auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs, die betonen, dass der vorübergehende Charakter der Überlassung unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände und branchenspezifischen Besonderheiten gewahrt bleiben müsse.

IV. Auflösung von Tarifkollisionen

Hinsichtlich der Kollision konkurrierender Tarifverträge, wie denen der CGM und der IG Metall (IGM), kam das Gericht zu dem Schluss, dass § 4a Abs. 2 Satz 2 TVG zur Anwendung kommt. Dies sei dann erforderlich, wenn ein Arbeitgeber an mehrere, sich überschneidende Tarifverträge gebunden sei, selbst wenn diese unterschiedliche Regelungsgegenstände betreffen. Im konkreten Fall führte das Gericht aus, dass die Tarifverträge der CGM und der IG Metall (IGM) unterschiedliche Regelungskomplexe abdeckten: Während der CGM-Tarifvertrag Regelungen zur Höchstüberlassungsdauer für branchenfremde Zeitarbeiter enthalte,   (...)



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