Dr.
Alexander Bissels und Dr. Jonas Singraven
Erstattung
einer Provision durch den vermittelten Arbeitnehmer? No way, meint
zumindest das BAG!
In
der Praxis finden sich in von Personaldienstleistern verwendeten
Verträgen regelmäßig Klauseln, die die Zahlung einer Provision
für die Vermittlung (oder „Übernahme“) eines Arbeitnehmers
von dem Auftraggeber an den Personaldienstleister vorsehen – so
weit, so gut. Im Grundsatz rechtmäßig und im Zweifel auch
interessengerecht. Wie sieht es aber aus, wenn sich der
übernehmende Arbeitgeber von dem vermittelten Arbeitnehmer
zusagen lässt, dass dieser eine an den Personaldienstleister
gezahlte Provision erstatten muss, wenn der Arbeitnehmer das
Arbeitsverhältnis vor Ablauf einer bestimmten Frist beendet? Mit
dieser Frage musste sich das BAG jüngst befassen (zur Vorinstanz:
vgl. Bissels/Singraven, BD 5/2023, 3 ff.).
I.
Zusammenfassung der Entscheidung
Nach
Ansicht des 1. Senats ist eine entsprechende arbeitsvertragliche
Regelung nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam (Urt. v. 20.06.2023
– 1 AZR 265/22). Das BAG bestätigte damit das Urteil die
Vorinstanz, die ebenfalls von einer Unwirksamkeit der Klausel
ausgegangen ist (vgl. LAG Schleswig-Holstein v. 12.05.2022 – 4
Sa 3/22; dazu: Bissels/ Singraven, BD 5/2023, 3 ff.).
Der
Entscheidung des BAG lag nach der veröffentlichen
Pressemitteilung zusammengefasst folgender Sachverhalt zugrunde:
Die
Parteien schlossen Ende März 2021 einen Arbeitsvertrag, auf
dessen Grundlage der Kläger ab dem 01.05.2021 bei der Beklagten
tätig wurde. Der Vertrag kam durch Vermittlung eines
Personaldienstleisters zustande. Die Beklagte zahlte an diesen
eine Vermittlungsprovision in Höhe von 4.461,60 EUR. Weitere
2.230,80 EUR sollten nach Ablauf der – im Arbeitsvertrag
vereinbarten – sechsmonatigen Probezeit fällig sein.
Nach
§ 13 des Arbeitsvertrags war der Kläger verpflichtet, der
Beklagten die gezahlte Vermittlungsprovision zu erstatten, wenn
das Arbeitsverhältnis nicht über den 30.06.2022 hinaus
fortbestehen und – u.a. – aus vom Kläger „zu vertretenden
Gründen“ von ihm selbst beendet werden würde.
Nachdem
der Kläger sein Arbeitsverhältnis fristgerecht zum 30.06.2021
gekündigt hatte, behielt die Beklagte – unter Verweis auf § 13
des Arbeitsvertrags – von der für den Monat Juni 2021
abgerechneten Vergütung des Klägers einen Teilbetrag in Höhe
von 809,21 EUR netto ein.
Mit
seiner Klage verlangt der Arbeitnehmer die Zahlung dieses Betrags.
Er macht geltend, § 13 seines Arbeitsvertrags sei unwirksam, weil
diese Regelung ihn unangemessen benachteilige. Die Beklagte klagte
ergänzend auf die Erstattung restlicher Vermittlungsprovision in
Höhe von 3.652,39 EUR (Widerklage). Sie meint, die vertragliche
Bestimmung sei wirksam. Sie habe ein berechtigtes Interesse, die
für die Vermittlung des Klägers gezahlte Provision nur dann
endgültig aufzubringen, wenn er bis zum Ablauf der vereinbarten
Frist für sie tätig gewesen sei.
Die
Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben und die Widerklage
abgewiesen. Die Revision der Beklagten blieb erfolglos. Die
Bestimmung in § 13 des Arbeitsvertrags, bei der es sich um eine
kontrollfähige Einmalbedingung i.S.v. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB
handele, benachteilige den Kläger nach Ansicht des BAG entgegen
den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und sei daher nach
§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam.
(...)
|