Dr.
Alexander Bissels und Kira Falter
Zulässigkeit
der Kürzung von Erholungsurlaub bei Kurzarbeit
Hoch
umstritten war zuletzt, ob ein Arbeitgeber berechtigt ist,
Erholungsurlaub des Mitarbeiters bei Kurzarbeit zu kürzen. Das
LAG Düsseldorf hat diese Frage zuletzt bejaht (Urt. v. 12.03.2021
– 6 Sa 824/20). Diese Ansicht hat das BAG jüngst
höchstrichterlich bestätigt und damit für die Praxis
Rechtssicherheit geschaffen.
I.
Einführung
Das
LAG Düsseldorf stellte zunächst fest, dass die Klägerin
aufgrund der Kurzarbeit Null in den im Fall relevanten Monaten
Juni, Juli und Oktober 2020 in diesem Zeitraum keine
Urlaubsansprüche gem. § 3 BUrlG erworben habe. Der Jahresurlaub
2020 stehe ihr deshalb nur anteilig im gekürzten Umfang zu. Für
jeden vollen Monat der Kurzarbeit Null sei der Urlaub um 1/12 zu
kürzen, was sogar eine Reduktion um 3,5 Arbeitstage ergeben
würde. Im Hinblick darauf, dass der Urlaub bezwecke, sich zu
erholen, setze dies eine Verpflichtung zur Tätigkeit voraus. Da
während der Kurzarbeit die beiderseitigen Leistungspflichten
aufgehoben seien, würden die Kurzarbeiter wie vorübergehend
teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer behandelt, deren Urlaub
ebenfalls anteilig zu kürzen sei.
Dies
entspreche der Rechtsprechung des EuGH, nach der während
Kurzarbeit Null der europäische Mindesturlaubsanspruch aus Art. 7
Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG nicht entstehe. Das deutsche
Recht enthalte dazu keine günstigere Regelung. Weder existiere
diesbezüglich eine spezielle Bestimmung für Kurzarbeit, noch
ergebe sich etwas anderes aus den Vorschriften des BUrlG.
Insbesondere sei Kurzarbeit Null nicht mit einer
Arbeitsunfähigkeit zu vergleichen. An alledem habe der Umstand,
dass die Kurzarbeit der Klägerin durch die Coronapandemie
veranlasst sei, nichts geändert.
II.
Urteil des BAG
In
der gegen diese Entscheidung von der unterlegenen Klägerin
anhängig gemachten Revision hat das BAG kürzlich die Auffassung
des LAG Düsseldorf bestätigt (Az. 9 AZR 225/21). In der
Presseerklärung vom 30.11.2021 heißt es dazu wörtlich:
"Fallen
aufgrund von Kurzarbeit einzelne Arbeitstage vollständig aus, ist
dies bei der Berechnung des Jahresurlaubs zu berücksichtigen.
Die Klägerin ist bei der Beklagten drei Tage wöchentlich als
Verkaufshilfe mit Backtätigkeiten beschäftigt. Bei einer
Sechstagewoche hätte ihr nach dem Arbeitsvertrag ein jährlicher
Erholungsurlaub von 28 Werktagen zugestanden. Dies entsprach bei
einer vereinbarten Dreitagewoche einem Urlaubsanspruch von 14
Arbeitstagen.
Aufgrund Arbeitsausfalls durch die Corona-Pandemie führte die
Beklagte Kurzarbeit ein. Dazu trafen die Parteien
Kurzarbeitsvereinbarungen, auf deren Grundlage die Klägerin u.a.
in den Monaten April, Mai und Oktober 2020 vollständig von der
Arbeitspflicht befreit war und in den Monaten November und
Dezember 2020 insgesamt nur an fünf Tagen arbeitete.
Aus Anlass der kurzarbeitsbedingten Arbeitsausfälle nahm die
Beklagte eine Neuberechnung des Urlaubs vor. Sie bezifferte den
Jahresurlaub der Klägerin für das Jahr 2020 auf 11,5
Arbeitstage. Dagegen hat sich die Klägerin mit der vorliegenden
Klage gewandt. Sie hat den Standpunkt eingenommen,
kurzarbeitsbedingt ausgefallene Arbeitstage müssten
urlaubsrechtlich wie Arbeitstage gewertet werden. Die Beklagte sei
daher nicht berechtigt gewesen, den Urlaub zu kürzen. Für das
Jahr 2020 stünden ihr weitere 2,5 Urlaubstage zu.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der
Klägerin hatte beim 9. Senat des BAG keinen Erfolg. Die Klägerin
hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf weitere 2,5 Arbeitstage
Erholungsurlaub für das Kalenderjahr 2020. Nach § 3 Abs. 1 BUrlG
beläuft sich der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bei einer
gleichmäßigen Verteilung der Arbeit auf sechs Tage in der Woche
auf 24 Werktage. Ist die Arbeitszeit eines Arbeitnehmers nach dem
Arbeitsvertrag auf weniger oder mehr als sechs Arbeitstage in der
Kalenderwoche verteilt, ist die Anzahl der Urlaubstage
grundsätzlich unter Berücksichtigung des für das Urlaubsjahr
maßgeblichen Arbeitsrhythmus (...)
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