Dr.
Alexander Bissels und Kira Falter
TV
BZ ME: Branchenzuschlagspflicht bei sog. Unterstützungsbetrieben
In
der Zeitarbeit gelten sog. Branchenzuschlagstarifverträge, die
– in Abhängigkeit zur Dauer des jeweiligen Kundeneinsatzes des
Zeitarbeitnehmers – die Zahlung eines sich erhöhenden Zuschlags
vorsehen. Derartige Tarifverträge gelten nicht flächendeckend,
sondern sind von den zuständigen Tarifvertragsparteien (BAP, iGZ
und einer DGB-Gewerkschaft) für bestimmte Einsatzbranchen
abgeschlossen worden, in die die Zeitarbeitnehmer von einem
Personaldienstleister überlassen werden, insbesondere für die
Metall- und Elektroindustrie sowie die Chemie.
Branchenzuschlagstarifverträge ermöglichen es darüber hinaus,
auch nach der zum 01.04.2017 in Kraft getretenen AÜG-Reform
dauerhaft vom Gleichstellungsgrundsatz hinsichtlich des Entgeltes
abzuweichen (vgl. 8 Abs. 4 S. 2 AÜG); ohne die Anwendung eines
Branchenzuschlagstarifvertrages hat der betreffende
Zeitarbeitnehmer ab dem 10. Monat der Überlassung an einen Kunden
einen Anspruch auf die Zahlung des Entgeltes, das einem
vergleichbaren Stammbeschäftigten gewährt wird (§ 8 Abs. 4 S. 1
AÜG). Vor diesem Hintergrund hat die Anwendung der
Branchenzuschlagstarifverträge und deren Auslegung sowohl für
den Zeitarbeitnehmer (insbesondere aus monetären Gesichtspunkten)
als auch für den Personaldienstleister (zum Ausschluss des
Gleichstellungsgrundsatzes hinsichtlich des Entgelts) eine
erhebliche praktische Bedeutung.
Das
BAG hat sich zuletzt damit befassen müssen, wie der fachliche
Geltungsbereich des für Kunden in der Metall- und
Elektroindustrie einschlägigen TV BZ ME bestimmt wird (vgl. BAG
v. 18.03.2020 – 5 AZR 430/18). Dabei stellte sich insbesondere
die Frage, wie der Begriff des "Unterstützungsbetriebs"
in Zusammenhang mit einem Rechtsstreit, in dem der
Zeitarbeitnehmer den Personaldienstleister auf die Zahlung von
tariflichen Branchenzuschlägen in Anspruch nahm, auszulegen ist.
I.
Zusammenfassung der Entscheidung
Der
dem Urteil zugrunde liegende Sachverhalt lässt sich wie folgt
zusammenfassen:
Der klagende Zeitarbeitnehmer war vom 01.08.2011 bis zum
31.03.2017 bei dem beklagten Personaldienstleister beschäftigt.
In einer Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag haben die Parteien
eine dynamische Bezugnahme auf die Tarifverträge über
Branchenzuschläge vereinbart, die zwischen dem BAP sowie iGZ und
den Mitgliedern der Tarifgemeinschaft des DGB abgeschlossen
werden.
Der
Kläger wurde von der Beklagten während des gesamten
Arbeitsverhältnisses dem Kunden X mit Betrieb in Y überlassen
– der deutschen Tochtergesellschaft der Z mit Sitz in den USA. X
vertreibt auf in Deutschland Drucker, Multifunktionsgeräte,
Verbrauchsmaterialien sowie Software und erbringt in diesem
Zusammenhang entsprechende Dienstleistungen, z.B. Managed Print
Services, Herstellergarantie- sowie Wartungsleistungen und
Professional Services. X unterhält keine Produktionsstätte in
Deutschland. Die Elektroartikel werden bei der Muttergesellschaft
Z in den USA hergestellt und von der X bei den Kunden in
Deutschland aus vorgefertigten Teilen aufgebaut.
Branchenzuschläge nach dem TV BZ ME gewährte die Beklagte dem
Kläger nicht. (...)
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