Dr.
Alexander Bissels und Kira Falter
"Belastungsgrenze"
bei Mehrarbeitszuschlägen nach dem MTV iGZ/DGB
Wird
eine tariflich festgelegte Belastungsgrenze zur Festlegung, ob
eine Zuschlagspflicht für Mehrarbeit besteht, nur unter
Berücksichtigung der aktiv geleisteten Stunden bestimmt oder sind
in diesem Zusammenhang auch "inaktive Zeiten bei
gleichzeitiger Fortzahlung der Vergütung", z.B. im Rahmen
des Urlaubs, zugunsten des Mitarbeiters zu berücksichtigen? Mit
dieser Frage musste sich das LAG Hamm in der nachfolgend
besprochenen Entscheidung im Anwendungsbereich des MTV iGZ/DGB
befassen (Urt. v. 14.12.2018 – 13 Sa 589/18).
Mehrarbeitszuschläge knüpfen dabei gem. § 4.1.2. MTV iGZ/DGB an
die von dem Arbeitnehmer in einem Monat "geleistete
Stunden" an. Das LAG Hamm hat im Ergebnis vollkommen zu Recht
nur die "aktiven Stunden" des Arbeitnehmers in die
Berechnung einbezogen.
I. Zusammenfassung der Entscheidung
Der Kläger ist bei dem beklagten Personaldienstleister
vollschichtig mit einer Vergütung i.H.v. 12,18 EUR brutto/Std.
tätig. Auf das Arbeitsverhältnis findet u.a. der MTV iGZ/DGB
Anwendung.
§ 4 MTV iGZ/DGB ("Zuschläge") lautet auszugsweise wie
folgt:
„4.1. Mehrarbeit
4.1.1. Mehrarbeit ist die über die regelmäßige monatliche
Arbeitszeit hinausgehende Arbeitszeit.
4.1.2. Mehrarbeitszuschläge werden für Zeiten gezahlt, die in
Monaten mit
- 20 Arbeitstagen über 160 geleistete Stunden
- 21 Arbeitstagen über 168 geleistete Stunden
- 22 Arbeitstagen über 176 geleistete Stunden
- 23 Arbeitstagen über 184 geleistete Stunden
hinausgehen.
Der Mehrarbeitszuschlag beträgt 25 %."
Im August 2017 (23 Arbeitstage) arbeitete der Kläger 121,75
Stunden, während er 10 Tage Erholungsurlaub mit 84,7 Zahlstunden
hatte. Er meint, dass deshalb bei der Berechnung der tariflichen
Mehrarbeitszuschläge von insgesamt 206,45 Monatsstunden
ausgegangen werden müsse, und verlangt die Zahlung von 72,32 EUR
brutto.
Das ArbG Dortmund hat die Klage abgewiesen. Die von dem Kläger
hiergegen gerichtete Berufung blieb vor dem LAG Hamm ohne Erfolg.
Bei der Berechnung von tariflichen Mehrarbeitszuschlägen für
August 2017 seien die in diesem Monat angefallenen Urlaubszeiten
im Umfang von 84,7 Stunden unberücksichtigt zu lassen.
Der in § 4.1.2. MTV iGZ/DGB verwendete Begriff „geleistete
Stunden“ sei ausschließlich auf ein aktives Tun ausgerichtet.
Urlaubszeiten, in denen der Arbeitnehmer davon unter Fortzahlung
seiner Vergütung befreit sei, ließen sich bei Zugrundelegung des
allgemeinen Sprachgebrauchs nicht unter den Wortlaut der
Bestimmung subsumieren.
Diese Auslegung entspreche auch dem erkennbaren Zweck der
Tarifnorm. Mehrarbeitszuschläge sollten nämlich regelmäßig
besondere Belastungen abdecken, die mit einem – grundsätzlich
zu vermeidenden – überdurchschnittlichen tatsächlichen
Arbeitseinsatz verbunden seien. Da derartige Erschwernisse bei
Urlaubszeiten im Bemessungszeitraum nicht auftreten könnten, sei
es sachgerecht, bei der tariflich vorgegebenen Belastungsgrenze
für die (...)
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