Dr.
Alexander Bissels und Kira Falter
Abwerbung
von Arbeitnehmern über das private Mobiltelefon
Aufgrund
des Fachkräftemangels sind Unternehmen gezwungen, kreative
und/oder auch aggressivere Wege zu entwickeln, um das notwendige
Personal zu finden und für sich zu gewinnen. Dies gilt
insbesondere für Personaldienstleister, deren Schwerpunkt der
unternehmerischen Tätigkeit gerade die Überlassung von
Mitarbeitern und deren Vermittlung an die Kunden darstellt. Die
Gewinnung von Arbeitnehmern ist folglich essentiell für ein
wirtschaftlich erfolgreiches Schaffen. Dabei haben sich in der
Praxis Modelle entwickelt, Mitarbeiter an deren Arbeitsplatz
anzurufen, um diese abzuwerben. Der BGH hat derartige Praktiken
bereits vor einigen Jahren beschränkt. Ein solcher Anruf soll
unter Beachtung der unterschiedlichen Interessen nur zumutbar
sein, wenn er der ersten kurzen Kontaktaufnahme diene, bei welcher
sich der Anrufer bekanntmache, den Zweck seines Anrufs mitteile,
erfrage, ob der Angerufene an einer Kontaktaufnahme als solche und
zu diesem Zeitpunkt Interesse habe und bei vorhandenem Interesse
des angerufenen Arbeitnehmers die in Rede stehende offene Stelle
knapp umschreibe, und, falls das Interesse des Mitarbeiters danach
fortbestehe, eine Kontaktmöglichkeit außerhalb des
Arbeitsbereichs verabrede; eine wenige Minuten überschreitende
Gesprächsdauer sei ein Indiz dafür, dass der Anrufer bereits den
ersten Kontakt in wettbewerbswidriger Weise, insbesondere zu einem
unzulässigen Umwerben des Angerufenen, genutzt habe (BGH v.
04.03.2004 - I ZR 221/01; BGH v. 22.11.2007 - I ZR 183/04). Das
OLG Frankfurt hat nun entschieden, dass die höchstrichterlichen
Grundsätze zur Wettbewerbswidrigkeit von Abwerbeversuchen am
Arbeitsplatz auch gelten, wenn der Arbeitnehmer nicht über den
Dienstanschluss, sondern auf seinem privaten Mobiltelefon
angerufen wird. Der Anrufer müsse in diesem Fall zu Beginn des
Gesprächs nachfragen, ob der Angerufene am Arbeitsplatz sei, so
das OLG Frankfurt (Urt. v. 09.08.2018 - 6 U 51/18).
I.
Inhalt der Entscheidung
Die Parteien sind jeweils bundesweit tätige
Personaldienstleistungsunternehmen; sie überlassen gewerblich
Personal an Dritte. Ein Mitarbeiter der Antragsgegnerin
kontaktierte einen Arbeitnehmer der Antragstellerin innerhalb von
fünf Tagen insgesamt sieben Mal auf dessen privatem Mobiltelefon
zur üblichen Arbeitszeit, um ihm eine Arbeitsstelle bei der
Antragsgegnerin anzubieten. Nachfragen, ob der Angerufene am
Arbeitsplatz sei, erfolgten nicht. Die Antragstellerin begehrte
von der Antragsgegnerin, es zu unterlassen, ihre Mitarbeiter an
deren Arbeitsplatz zum Zwecke der Abwerbung anzurufen, soweit das
Gespräch über eine erste Kontaktaufnahme hinausgeht.
Das
LG Frankfurt a.M. hat dem Antrag stattgegeben (Urt. v. 21.02.2018
– 2-6 O 319/17). Die Berufung hatte keinen Erfolg. Das OLG
Frankfurt hat die zweitinstanzliche Entscheidung bestätigt.
Nach
Auffassung des Gerichts ist die Antragstellerin durch die
Abwerbeversuche wettbewerbswidrig gezielt behindert worden.
Grundsätzlich sei das Abwerben von Mitarbeitern eines anderen
Unternehmens zwar Bestandteil des freien Wettbewerbs und damit
hinzunehmen. Unzulässig seien jedoch Abwerbemaßnahmen, wenn die
Ungestörtheit der Betriebsabläufe beeinträchtigt werde. Bei der
erforderlichen Abwägung, ob Anrufe während der Arbeitszeit
unlauter seien, seien die Interessen aller Beteiligten, also die
der Arbeitnehmer sowie die der beteiligten Unternehmensinhaber zu
berücksichtigen. Daraus folge, dass ein Anruf zumutbar sei, wenn
er nur der ersten kurzen Kontaktaufnahme diene, bei welcher sich
der Anrufer bekannt mache, den Zweck seines Anrufs mitteile und
das Interesse an einem vertieften Kontakt abfrage. Folgekontakte
am Arbeitsplatz seien hingegen wettbewerbsrechtlich (...)
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