Hauptgeschäftsführer
des Bundesarbeitgeberverbandes der Personaldienstleister (BAP)
Thomas
Hetz
Hat das Jahr 2017 Ihre Erwartungen erfüllt?
Was wird das Jahr 2018 für die Zeitarbeit bringen?
Führende Ökonomen hatten vor einem Jahr noch mit einem Dämpfer
für die deutsche Wirtschaft gerechnet. Doch diese hat sich in den
letzten Monaten besser entwickelt, als damals vermutet. Die
Auftragslage der deutschen Wirtschaft ist insgesamt mehr als gut.
Auch 2018 wird die Konjunktur voraussichtlich nur wenig an Schwung
verlieren und die Zahl der Beschäftigten dürfte im kommenden
Jahr mit knapp 45 Millionen einen neuen Höchststand erreichen.
Laut Konjunkturumfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft
Köln (IW Köln) wollen 41 Prozent der Unternehmen in Deutschland
2018 ihr Personal aufstocken. Das sind gute Aussichten, auch für
unsere Branche. Doch der Mangel an Fachkräften hemmt das
Wirtschaftswachstum. 47 Prozent der Unternehmen bestätigen, dass
die Produktionsmöglichkeiten aufgrund fehlender qualifizierter
Mitarbeiter begrenzt sind. Das Thema Rekrutierung von geeignetem
Personal bleibt daher ein Dauerbrenner. Für die
Personaldienstleister bedeuten die Engpässe am Arbeitsmarkt
sowohl große Chancen als auch Risiken. Das Spüren natürlich
auch unsere Mitglieder. Aber auch durch technischen Fortschritt
und Digitalisierung wandelt sich die Arbeitswelt rasant. Der BAP
hat sich daher in diesem Jahr mit den Veranstaltungsreihen
„Dialog vor Ort“ und „Recruiting Tomorrow“ den Themen
Digitalisierung und Personalgewinnung gewidmet, um seine
Mitglieder zu informieren und wichtige Impulse zur Zukunft der
Arbeit und der Arbeitswelt an die Hand zu geben.
Im Rückblick auf das zu Ende gehende Jahr kann man wohl sagen,
dass aus der Politik mehr Risiken als Chancen auf die Branche
zukommen. Viele Impulse des für die
Personaldienstleistungsbranche ereignisreichen Jahres kamen aus
der Politik. Auch wenn es – nicht zuletzt aufgrund der
politischen Verbandsarbeit des BAP – nicht ganz so schlimm
gekommen ist, wie es noch nach dem ersten Referentenentwurf des
Bundesministeriums für Arbeit und Soziales ausgesehen hatte, muss
ein Fazit für 2017 ernüchternd ausfallen. Die Herausforderungen
für die Personaldienstleister, die sich aus dem auch aus
handwerklich nicht überzeugendem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz
(AÜG) ergeben, sind weiterhin groß. Obwohl das AÜG bereits am
ersten April 2017 in Kraft getreten ist, werden wesentliche
Änderungen, wie der gesetzliche Equal Pay-Anspruch und die
Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten, erst 2018 greifen. Die
eingangs genannten sehr guten Konjunkturaussichten sollten
eigentlich der Branche erhebliche Wachstumschancen bieten.
Angesichts der Bürden und Unwägbarkeiten, die das AÜG den
Personaldienstleistern auferlegt, müssen die positiven Aussichten
aber mit gleich mehreren Fragezeichen versehen werden.
Gerade beim gesetzlichen Equal Pay-Begriff zeigen sich die
handwerklichen Mängel des AÜG. Die nicht nachzuvollziehende
fehlende Definition des Begriffs im Gesetz führt zu erheblicher
Rechtsunsicherheit, die die Personaldienstleister im Jahr 2017
belastet hat und dies auch in 2018 tun wird. Der BAP hat in diesem
Jahr viel Zeit und Kraft darauf verwendet, seinen Mitgliedern
durch eine Vielzahl an Veranstaltungen, schriftlichen
Informationen und vor allem seiner umfangreichen Telefonberatung,
das notwendige Werkzeug an die Hand zu geben, um für die
operative Umsetzung gerüstet zu sein. Auch in 2018 wird der BAP
seinen Mitgliedern praktikable Lösungen im Umgang mit den
Problemen und Belastungen, die sich aus dem AÜG ergeben, zur
Verfügung stellen. Einige Fragen werden aber nicht abschließend
durch die Verbandsarbeit gelöst werden können. Beim Equal
Pay-Begriff können manche Details erst durch Gerichte geklärt
werden. Es ist für die Branche ein schwer erträglicher Zustand,
dass der Gesetzgeber trotz unseren Hinweisen, also sehenden Auges,
Rechtsunsicherheiten geschaffen hat. Der Deutsche Bundestag
beziehungsweise eine künftige Regierungskoalition könnte diesen
Zustand beenden, indem der Equal Pay-Begriff im AÜG praktikabel
definiert wird. Angesichts der verfahrenen politischen Situation
sehe ich dafür momentan wenige Chancen. Damit sind wir beim
zweiten Ereignis, dass 2017 geprägt hat – der Bundestagswahl.
Mangels Glaskugel kann an dieser Stelle nicht vorhergesagt werden,
ob wir nach dem Scheitern der Sondierungsgespräche zur
sogenannten „Jamaika-Koalition“ erneut eine große Koalition
bekommen werden. Aber es spricht Vieles dafür. Für die
Zeitarbeitsbranche ist von einer Neuauflage der Koalition aus CDU,
CSU und SPD bestenfalls eine Atempause bis zum Jahr 2020 zu
erwarten. Im AÜG ist eine Evaluation der Anwendung des Gesetzes
für das Jahr 2020 festgeschrieben. Neue Regulierungen vor dieser
Evaluation einzuführen ergibt keinen Sinn. Angesichts des
SPD-Bundestagswahlprogramms, das weitere Einschränkungen der
Zeitarbeit forderte, ist aber eine Koalitionsvereinbarung mit
neuen Grausamkeiten für die Zeitarbeit denkbar.
Wie kurzsichtig eine weitere Einschränkung der Zeitarbeit wäre,
zeigt ein Blick auf die Rolle der Branche bei der Bewältigung
zweier Herausforderungen, der sich die Arbeitsmarktpolitik im Jahr
2018 und darüber hinaus stellen muss: Der Arbeitsmarktintegration
von Langzeitarbeitslosen und von Flüchtlingen. Keine Branche
bietet so vielen Flüchtlingen eine sozialversicherungspflichtige
Beschäftigung, wie die Zeitarbeit. Rund ein Viertel der
geflüchteten Menschen, die eine Beschäftigung im ersten
Arbeitsmarkt gefunden haben, sind bei einem Personaldienstleister
beschäftigt. Damit ist die Zeitarbeit bisher die einzige Branche,
die eine fünfstellige Personenzahl in den Arbeitsmarkt
integriert. Die Unternehmen der Zeitarbeit spielen auch eine
wichtige Rolle bei der Integration von Langzeitarbeitslosen. Das
lässt sich an zwei Zahlen fest machen. 20 Prozent der
Zeitarbeitnehmer waren vor ihrer Tätigkeit in der Branche noch
nie beschäftigt oder länger als ein Jahr beschäftigungslos. Die
Bundesagentur für Arbeit gibt auch an, dass ein Viertel der
Arbeitslosen, die aus der Grundsicherung (Rechtskreis SGB II)
heraus ihre Arbeitslosigkeit beenden, dies durch Zeitarbeit
erreicht. Darauf können die Personaldienstleister stolz sein. Der
BAP wird in 2018 noch stärker auf die Integrationsleistung der
Zeitarbeit aufmerksam machen.
Positiv
stimmen kann die Branche, dass es die Verhandlungsgemeinschaft
Zeitarbeit (VGZ) unter Leitung des BAP-Vizepräsidenten Thomas
Bäumer geschafft hat, alle Branchenzuschlagsverträge mit den
DGB-Gewerkschaften neu abzuschließen. Nachdem das AÜG nun auch
in die Ausgestaltung der Branchenzuschlagstarifverträge
eingreift, waren Tarifverhandlungen unumgänglich geworden. Mit
den Abschlüssen ist das System der Branchenzuschläge für die
nächsten Jahre zukunftsfest. Je nach Branche wird die neu
eingeführte sechste Stufe erstmalig zum ersten Januar 2018 oder
zum ersten Juli 2018 greifen.
Rückblick und Ausblick fallen also durchwachsen aus. Das liegt
weder an der Branche, die viel für den Arbeitsmarkt leistet und
mit den Tarifabschlüssen ihre Hausaufgaben gemacht hat, noch am
guten Konjunkturumfeld. Die Politik bringt durch zum Teil
ideologiegetriebene Regulierungswut erhebliche Unsicherheiten.
Dagegen hilft nur Aufklärung. So wird der BAP weiterhin und noch
stärker die Leistungen und Erfolge der Branche hervorheben.
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Bundesvorsitzender
des Interessenverbandes Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e.V.
Christian Baumann
Hat das Jahr 2017 Ihre Erwartungen erfüllt?
Das Jahr 2017 war für mich ein besonderes Jahr, denn die Wahl zum
iGZ-Bundesvorsitzenden hat einige schöne Veränderungen mit sich
gebracht. Ich freue mich sehr, dass die iGZ-Mitgliedschaft mir ihr
Vertrauen geschenkt hat, obwohl ich mich zum Zeitpunkt der
iGZ-Mitgliederversammlung im April verhältnismäßig noch gar
nicht allzu lange für den Verband engagiert hatte.
Gerade in den ersten Wochen und Monaten nach der Wahl habe ich
mich darauf konzentriert, mich im neuen Amt einzuarbeiten. Ich
habe viele Veranstaltungen besucht, Menschen und Prozesse
kennengelernt und den Kontakt zu meinen Vorstandskollegen und den
hauptamtlichen iGZ-Mitarbeitern gesucht. Auf diese Weise konnte
ich einen soliden Grundstein für die neue Aufgabe des
iGZ-Bundesvorsitzenden legen.
Ich freue mich, dass wir gemeinsam im Bundesvorstand die vier
Hauptherausforderungen der Zeitarbeitsbranche verbalisieren
konnten: Digitalisierung, Mitarbeitergewinnung,
Kompetenzmanagement und Wettbewerbsfähigkeit. Diese
Veranschaulichung der großen Baustellen hilft uns, die
verbandlichen Maßnahmen noch zielgerichteter auszurichten. Die
definierten Themenschwerpunkte gleichen einem Wegweiser, der uns
die verbandlichen Entwicklungsziele zeigt.
Mein persönliches Steckenpferd in dieser Sammlung ist die
Digitalisierung. Ich beschäftige mich schon seit längerem
intensiv damit, wie wir uns als Zeitarbeitsunternehmer aufstellen
müssen, um die Vorteile der Digitalisierung zu nutzen und die
Herausforderungen zu meistern. Im vergangenen Jahr habe ich
häufig zu diesem Thema referiert und in den anschließenden
Diskussionen wertvolle Impulse für meine Arbeit erhalten. Das ist
das Schöne am Engagement im iGZ: Man gibt viel, bekommt aber auch
ganz viel zurück. Ich freue mich, dass ich diese ehrenamtliche
Arbeit im vergangenen Jahr noch weiter intensivieren konnte und
kann deshalb klar sagen: Das Jahr 2017 hat meine Erwartungen
erfüllt.
Was wird das Jahr 2018 für die Zeitarbeit bringen?
Das bedeutet aber nicht, dass ich schon zufrieden bin. Für das
neue Jahr haben wir eine lange To-Do- Liste. Diese müssen wir
dringend abarbeiten, um den Verband und die Branche zukunftsfähig
aufzustellen. Wir befinden uns gerade in einer sehr dynamischen
Phase, die wir zügig begleiten müssen und werden. Die deutsche
Wirtschaft erlebt einen immer stärkeren Einfluss
gesellschaftlicher, ökonomischer und ökologischer Megatrends,
die in immer kürzeren Zyklen bisher bestehende
Gesetzmäßigkeiten in Frage stellen und diese sogar stellenweise
innerhalb kurzer Zeit vernichten. Wir müssen diese Trends
identifizieren und uns als Unternehmer daraufhin ausrichten, um
unsere Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten.
Als Seismograph für veränderliche Entwicklungen spüren wir als
Zeitarbeitsbranche diese Trends meistens vor den anderen
Wirtschaftsbranchen. Darum müssen wir auch schneller reagieren
und unsere Betriebe dementsprechend flexibel aufstellen. Wir als
iGZ-Bundesvorstand werden dieses Thema im kommenden Jahr weiter
intensiv bearbeiten und versuchen, Leitlinien für unsere
Mitglieder zu entwickeln, um diese beim notwendigen
Change-Management zu unterstützen.
Dazu gehört auch, dass wir uns mit den Anforderungen zukünftig
digitalisierter Märkte beschäftigen. Wir wollen dazu eine
iGZ-Projektgruppe ins Leben rufen, die sich mit den zentralen
Fragen der Digitalisierung beschäftigt. Diese sind die
Digitalisierung des Marktes, die Digitalisierung der
Geschäftsprozesse und – sozusagen als Königsdisziplin – die
Digitalisierung der Geschäftsmodelle. Die Projektgruppen sollen
als interdisziplinäre Teams arbeiten, besetzt mit hauptamtlichen
iGZ-Mitarbeitern und Vertretern von Mitgliedsunternehmen, die in
diesem Bereich bereits besonders fortschrittlich unterwegs sind.
Dadurch können wir auch voneinander lernen und gemeinsam
zielführende Wege ausloten.
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