Dr.
Alexander Bissels
Tarifzuständigkeit der
DGBGewerkschaften für die Zeitarbeit
Bereits am 25.04.2017 musste sich das BAG (erneut) mit der Frage
der Tarifzuständigkeit der DGB-Gewerkschaften für die
Zeitarbeitsbranche befassen – und hat erneut keine Entscheidung
in der Sache getroffen (Az. 1 ABR 62/14). Diese ist zwingend für
die Wirksamkeit der von BAP und iGZ abgeschlossenen
Tarifverträge, deren Anwendung wiederum – seit dem 01.04.2017
nur noch eine befristete – Abbedingung des gesetzlichen equal
pay- Anspruchs zulässt.
I. Entscheidung des BAG
Hintergrund des Rechtsstreits war, wie bereits in einem Anfang
2016 entschiedenen Verfahren (BAG v. 26.01.2016 – 1 ABR 13/14),
eine auf § 13 AÜG gestützte Auskunftsklage eines
Zeitarbeitnehmers. Dieser war an den Kunden im Zeitraum vom
03.06.2010 bis zum 18.11.2011 als Elektroinstallateur (im
Zuständigkeitsbereich der IG Metall) zur Arbeitsleistung
überlassen worden.
Die gesetzliche Regelung des § 13 AÜG verschafft dem
Zeitarbeitnehmer einen grundsätzlichen Anspruch auf Auskunft
darüber, welche wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich
des Arbeitsentgelts für einen vergleichbaren Stammarbeitnehmer
des Entleihers gelten. Der Anspruch soll dem Zeitarbeitnehmer eine
Vergleichsmöglichkeit schaffen und ihm die Überprüfung
ermöglichen, ob der Verleiher das Gebot der Gleichbehandlung (und
insbesondere den equal pay-Grundsatz) einhält (s. auch BAG v.
24.04.2014 – 8 AZR 1081/12). Auch die Reform des AÜG hat diese
Bestimmung inhaltlich grundsätzlich unverändert gelassen.
Ausgeschlossen ist der Auskunftsanspruch nach der gesetzlichen
Regelung allerdings, wenn ein Tarifvertrag, der nach der
gesetzlichen Konzeption vom Gleichstellungsgrundsatz abweichen
darf, die Arbeitsbedingungen regelt. Um die Wirksamkeit derartiger
Tarifverträge zu klären, hatte das ArbG Berlin im Jahr 2012 das
Auskunftsverfahren zur Klärung der Tarifzuständigkeit der
beteiligten Gewerkschaften ausgesetzt. In dem anschließend
eingeleiteten Beschlussverfahren hatte zuletzt das Hess. LAG (Beschl.
v. 04.09.2014 – 9 TaBV 91/14) entschieden, dass hinsichtlich des
maßgeblichen Tarifabschlusses vom 09.03.2010 die IG Metall
jedenfalls innerhalb ihres Organisationsbereichs und ver.di auch
außerhalb ihres Organisationsbereichs für die Zeitarbeit
tarifzuständig war.
Die vollständig abgesetzten Gründe des Beschlusses des 1. Senats
bestätigen die Entscheidung des BAG in dem früheren Verfahren
zur Tarifzuständigkeit der DGB-Gewerkschaften aus Januar 2016
(BAG v. 26.01.2016 – 1 ABR 13/14). Die Entscheidung zieht sich
ebenfalls auf formelle Aspekte zurück; die Rechtsbeschwerde des
Arbeitnehmers scheiterte schon an der fehlenden Antragsbefugnis.
Nochmals
klargestellt wird durch das BAG, dass der Auskunftsanspruch nach
§ 13 AÜG nicht von der Tarifzuständigkeit einer Vereinigung
abhängen könne. Zweifel an der Tariffähigkeit oder
-zuständigkeit einer der Tarifvertragsparteien ließen einen
Anspruch des Arbeitnehmers auf Gleichbehandlung mit den
Stammmitarbeitern des Entleihers jedenfalls hinreichend möglich
erscheinen und vermögen den Auskunftsanspruch daher nicht
auszuschließen. Der Zeitarbeitnehmer könne die gewünschte
Auskunft von dem Entleiher also unabhängig davon verlangen, ob
ein Gericht das Fehlen der Tariffähigkeit oder -zuständigkeit
feststelle.
Eine gleichwohl erfolgte Aussetzung des Auskunftsverfahrens sei
unbeachtlich und könne dem Zeitarbeitnehmer keine Antragsbefugnis
vermitteln, um in einem gesonderten Rechtsstreit sodann die
Tariffähigkeit bzw. -zuständigkeit der an dem
Tarifvertragsschluss beteiligten Gewerkschaften klären zu lassen.
II. Bewertung
Die Entscheidung enthält zunächst (erneut) eine deutliche
"Schelte" für die Instanzrechtsprechung, die dieses Mal
insbesondere das ArbG Berlin trifft. Dieses habe den Rechtsstreit
über den Auskunftsanspruch nach § 13 AÜG nicht nur zu Unrecht
ausgesetzt, sondern der Beschluss weise bereits erhebliche
inhaltliche Mängel auf. Abermals kommt das BAG zu dem Ergebnis,
dass ein solch fehlerhafter Beschluss keine Grundlage für ein
Verfahren zur Klärung der Tariffähigkeit oder -zuständigkeit
nach § 97 Abs. 1 ArbGG sein kann. Hängt die Entscheidung des
Rechtsstreits nicht von der Tariffähigkeit oder -zuständigkeit
ab, kann auch ein (fehlerhafter) Aussetzungsbeschluss dem
Arbeitnehmer nicht zu der erforderlichen Antragsbefugnis
verhelfen.
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