Dr.
Alexander Bissels
Überlassungsvergütung
trotz Missachtung von § 12 Abs. 1 S. 3 AÜG n.F.?
In § 12 Abs. 1 S. 1 AÜG ist bekanntermaßen vorgesehen, dass
"der Vertrag zwischen dem Verleiher und dem Entleiher der
Schriftform bedarf." Ergänzend wird in § 12 Abs. 1 S. 3
AÜG n.F. (bis zum 01.04.2017: § 12 Abs. 1 S. 2 AÜG) geregelt,
dass "der Verleiher in der Urkunde zu erklären hat, ob er
die Erlaubnis nach § 1 [AÜG] besitzt." Welche Rechtsfolgen
das Gesetz daran knüpft, wenn diese Angabe fehlt, ist bislang
nicht abschließend geklärt. Das LG Hamburg hat in einer
aktuellen Entscheidung ein wenig Licht ins Dunkle gebracht.
I. Entscheidung
Das LG Hamburg hatte jüngst über Vergütungsansprüche i.H.v.
ca. 100.000,00 € netto aus einem Vertrag zu entscheiden, nach
dem die Klägerin verpflichtet war, der Beklagten
Eisenbahnbetriebspersonal zur Verfügung zu stellen. Dabei stellte
sich insbesondere die Frage der Abgrenzung einer
Arbeitnehmerüberlassung zu einem Dienstvertrag (Urt. v.
27.01.2017 - 418 HKO 47/16). In dem schriftlich geschlossenen
Kontrakt aus dem Jahr 2014 heißt es wörtlich u.a.:
„Diese Vereinbarung regelt Dienstleistungen, die A. im
Zusammenhang mit Eisenbahntransporten durch die Gestellung von
Eisenbahn- Betriebspersonalen (Triebfahrzeugführer,
Lok-Rangierführer u.a.) auf besonderen Auftrag für E.
erbringt.
[…]
„Zugförderung in Deutschland beinhaltet insbesondere die
Stellung und die Führung von entsprechend qualifiziertem Personal
durch A. für die Durchführung der von E. geplanten Zug- und
Rangierleistungen mit durch E. gestellten Lokomotiven. Die durch
A. auszuführenden Zug-/Rangierleistungen werden für die
verschiedenen Verkehre jeweils mit den separat abzuschließenden
Einzelvereinbarungen bestellt (Anlage 3,
Leistungsbestellung-Betriebspersonal’)."
Dabei
wurde laut Vertrag nach Arbeitsstunden des von der Klägerin zur
Verfügung gestellten Personals abgerechnet. Der Klägerin oblag
es, die jeweiligen Triebfahrzeugführer auszuwählen und die
Arbeits- und Pausenzeiten zu bestimmen sowie Personalwechsel zu
organisieren. Laut Vereinbarung hatten die Triebfahrzeugführer
die Ausrüstungsgegenstände aus Anlage 2, wie z.B. Arbeits- und
Schutzkleidung, und eine Ausgabe der sog. „La“ über
Langsamfahrstellen mitzubringen. Die für die Fahrten genutzten
Loks wurden von der Beklagten gestellt; die Verkehre wurden
aufgrund von Trassenbestellungen der Beklagten auf Grundlage eines
zwischen der Beklagten und der DB Netz AG bestehenden
Infrastrukturbenutzungsvertrages vorgenommen. Das fachliche
Weisungsrecht stand der Beklagten zu. Die Beklagte glich
zahlreiche Rechnungen der Klägerin, die über eine Erlaubnis nach
§ 1 AÜG verfügte, nicht aus.
Die Klägerin berief sich in der Folge darauf, dass eine
Arbeitnehmerüberlassung vereinbart worden sei; das angefragte
Personal sei der Beklagten vertragsgemäß zur Verfügung gestellt
worden, so dass der Vergütungsanspruch entstanden sei. Im
Verfahren rechnete die Beklagte u.a. wegen
Schadensersatzansprüchen auf. Die Beklagte behauptet, die
Triebfahrzeugführer seien nicht in ihren Betrieb eingegliedert
worden. Sie ist vielmehr der Meinung, bei dem in Rede stehenden
Vertrag handle es sich um einen Geschäftsbesorgungsvertrag
eigener Art mit dienst- und werkvertraglichen Elementen, weshalb
– anders als die Klägerin behauptet – nicht nur Auswahl und
Überwachung des zur Verfügung gestellten Personals geschuldet
sei, sondern die Klägerin auch für Gewährleistung und Erfolg
der Leistung hafte.
Das LG Hamburg gab der Klage statt. Der Vergütungsanspruch sei
unstreitig. Eine Gegenforderung der Beklagten, die aufgrund der
erklärten Aufrechnung zu deren Erlöschen geführt hätte, habe
nicht bestanden. Die Beklagte habe keinen Schadensersatzanspruch
gegen die Klägerin, insbesondere nicht wegen eines Lokschadens.
Denn der von den Partien geschlossene Vertrag sei als
Arbeitnehmerüberlassungsvertrag i.S.v. § 1 Abs. 1 AÜG und nicht
als Geschäftsversorgungvertrag mit werk- und dienstvertraglichen
Elementen zu qualifizieren, bei dem die eingesetzten Arbeitnehmer
als
(...)
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