Dr.
Alexander Bissels
Update Zeitarbeit:
Aktuelle Rechtsprechung und Gesetzesänderungen
I. Aktuelle Rechtsprechung für die Zeitarbeit
1. Keine Kündigung von Zeitarbeitnehmern bei schlichten
"Auftragslücken"
Das LAG Berlin-Brandenburg (Urt. v. 20.01.2017 - 2 Sa 1188/16, 2
Sa 1805/16, 2 Sa 1188/16, 2 Sa 1805/16) hat entschieden, dass
kurzfristige Auftragslücken bei einem Personaldienstleister nicht
geeignet sind, eine betriebsbedingte Kündigung i.S.v. § 1 Abs. 2
S. 1 KSchG zu rechtfertigen, da sie zum typischen
Wirtschaftsrisiko dieser Unternehmen gehören.
Die klagende Zeitarbeitnehmerin war als Verwaltungsangestellte an
Kunden überlassen worden. Der Personaldienstleister kündigte das
Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 30.04.2016 betriebsbedingt
aufgrund von fehlenden Aufträgen über einen Zeitraum von drei
Wochen. Das reichte dem LAG Berlin-Brandenburg zur sozialen
Rechtfertigung der arbeitgeberseits ausgesprochenen Kündigung
nicht aus. Das Zeitarbeitsunternehmen habe zu den
betriebsbedingten Kündigungsgründen nicht hinreichend
vorgetragen.
Der
Arbeitgeber müsse bei einem Auftragsverlust, der grundsätzlich
eine betriebsbedingte Kündigung rechtfertigen könne, anhand der
Auftrags- und Personalplanung darstellen, warum es sich nicht nur
um eine – kurzfristige – Auftragsschwankung, sondern um einen
dauerhaften Auftragsrückgang handele und ein anderer Einsatz des
Arbeitnehmers bei einem anderen Kunden bzw. in einem anderen
Auftrag – ggf. nach entsprechenden Anpassungsfortbildungen –
nicht in Betracht komme. Dies gelte umso mehr, als es dem Wesen
der Arbeitnehmerüberlassung in dem Geschäft eines
Personaldienstleisters entspreche, Mitarbeiter – oft kurzfristig
– bei verschiedenen Auftraggebern einzusetzen und zu
beschäftigen. Es sei nicht ausgeschlossen, dass bereits ein Tag
nach Ausspruch der Kündigung ein neuer Kunde kurzfristig Bedarf
für einen Arbeitnehmer und dessen Einsatz anmelde. Deshalb sei es
gerechtfertigt, an die Darlegung der Tatsachen, auf denen die zu
stellende Prognose des zukünftigen Beschäftigungsvolumens
beruhe, dezidierte Anforderungen – auch in zeitlicher Hinsicht
– zu stellen. Das Vorliegen von möglicherweise nur
kurzfristigen Auftragsschwankungen müsse auszuschließen sein.
Bewertung: Die Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg
liegt auf der Linie der Rechtsprechung des BAG, das kurzfristige
Auftragslücken bei einem Personaldienstleister ebenfalls nicht
als einen hinreichenden betriebsbedingten Kündigungsgrund für
eine soziale Rechtfertigung anerkennt (vgl. BAG v. 18.05.2006 –
2 AZR 412/05). Das Urteil verdeutlicht zudem, wie hoch die
Anforderungen an das Zeitarbeitsunternehmen sind, um eine solche
im Prozess darzulegen. Diese sind im Allgemeinen schon hoch, bei
einem Personaldienstleister aufgrund des Geschäftsmodells jedoch
noch höher, da dieser auch darstellen muss, dass es sich um einen
dauerhaften Auftragsrückgang handelt. Dies dürfte nur im
Ausnahmefall gelingen, z.B. wenn ein Großkunde wegbricht und
nicht damit zu rechnen ist, dass das Auftragsvolumen kurzfristig
kompensiert werden kann.
2. Arbeitnehmerüberlassung vs. Gemeinschaftsbetrieb
In einer aktuellen Entscheidung hat sich das LAG
Mecklenburg-Vorpommern mit dem Verhältnis einer
(erlaubnispflichtigen) Arbeitnehmerüberlassung und einem
(erlaubnisfreien) Gemeinschaftsbetrieb befassen müssen (Urt. v.
13.06.2017 - 5 Sa 209/16).
Das Gericht stellte richtigerweise fest, dass eine
Arbeitnehmerüberlassung von einer Tätigkeit des Mitarbeiters in
einem gemeinsamen Betrieb zu unterscheiden sei. Um
Arbeitnehmerüberlassung handele es sich nicht, wenn die
Arbeitnehmer in einen Gemeinschaftsbetrieb entsandt würden, zu
dessen gemeinsamer Führung sich ihr Vertragsarbeitgeber und ein
Dritter rechtlich verbunden hätten.
Kennzeichen
eines gemeinsamen Betriebs mehrerer Unternehmen sei, dass die in
einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen
Betriebsmittel mehrerer Unternehmen für einen einheitlichen
arbeitstechnischen Zweck (...)
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