Dr.
Alexander Bissels
Das BAG zum fachlichen
Geltungsbereich des TV BZ ME a.F. ("Pony-Pack")
Am 22.02.2017 hat sich das BAG zum ersten Mal mit dem Tarifvertrag
über Branchenzuschläge für Arbeitnehmerüberlassungen in der
Metall- und Elektroindustrie vom 22.05.2012 (nachfolgend kurz:
"TV BZ ME") befassen müssen (dazu bereits: Bissels, BD
7/2017, 4 ff). Durch diesen wird die dem Zeitarbeitnehmer
gewährte Vergütung – in Abhängigkeit zur Einsatzdauer – an
das Entgelt eines im Kundenbetrieb beschäftigten, vergleichbaren
Mitarbeiters angepasst (eine Zusammenfassung der bisherigen
Rechtsprechung bei: Bissels/ Mehnert, DB 2014, 2407 ff.).
In Streit stand und steht nach wie vor die Bestimmung des
fachlichen Geltungsbereichs des TV BZ ME insbesondere bei
Dienstleistungen in der Automobil(zuliefer) industrie. In der
Praxis stellt sich in diesem Zusammenhang regelmäßig die Frage,
ob Branchenzuschläge nach Maßgabe des TV BZ ME von dem
Zeitarbeitsunternehmen zu zahlen sind, wenn dessen Mitarbeiter an
einen Kunden überlassen werden, der für einen
Automobilhersteller/-zulieferer auf dessen Gelände mit einem
eigenen "Betrieb" mit an sich branchenfremden
Tätigkeiten, z.B. im Bereich der Logistik, tätig wird (vgl. BAG
v. 22.02.2017 - 5 AZR 453/15 zu einem Logistikzentrum; dazu:
Bissels, jurisPRArbR 27/2017 Anm. 4; BAG v. 22.02.2017 - 5 AZR
252/16 zur Sequenzierung von Bauteilen für Kfz).
I. Entscheidung des BAG
In dem vorliegenden Fall lag die Besonderheit darin, dass der von
dem Automobilhersteller eingebundene Dienstleister mit
Tätigkeiten befasst war, die unmittelbar auf die Fertigung des
Kfz gerichtet waren (Montage und Komplettierung der Motor-
Getriebe-Einheit). Der 5. Senat sah insoweit den fachlichen
Geltungsbereich des TV BZ ME als eröffnet an (Urt. v. 22.02.0217
- 5 AZR 552/14; vgl. auch die Parallelentscheidungen des BAG v.
22.02.2017 - 5 AZR 553/14, 5 AZR 554/14, 5 AZR 555/14).
Dem Urteil lag im Einzelnen folgender Sachverhalt zugrunde:
Der klagende Zeitarbeitnehmer (Mitglied der IG Metall) ist von dem
beklagten Personaldienstleister (Mitglied im iGZ) seit Oktober
2012 an die L-GmbH zur Arbeitsleistung überlassen worden. Diese
unterhält im Industriepark der F-Werke einen Betrieb. Dort
montiert und komplettiert die L-GmbH für die F-GmbH nach deren
Vorgaben Motoren mit Getrieben, Federbeinen, Kompressoren,
Lichtmaschinen, Kabelbaum, Schläuchen, Motorprägung sowie
Vorderachsen. Dabei werden Steck-, Füge-, Füll-, Schraub- und
Scanoperationen nach einem festgelegten Ablaufplan ausgeführt.
Ergebnis der von der L-GmbH vorgenommenen Arbeiten ist die
komplette Motor-Getriebe-Einheit eines Kfz (sog. „Pony-Pack“),
die über eine Förderbrücke „just-in-sequence“ in eine
benachbarte Halle der FGmbH, einem Automobilhersteller,
transportiert wird. Dort findet der Zusammenbau der
Motor-Getriebe- Einheit mit der Karosserie statt (sog. Hochzeit).
Die von der L-GmbH bei der Montage und Komplettierung verwendeten
Komponenten werden von der F-GmbH bereitgestellt, die diese
entweder selbst produziert oder von Zulieferern bezieht.
Der Kläger meint, dass es sich bei dem Betrieb der L-GmbH um
einen solchen der Automobilindustrie i.S.d. § 1 Nr. 2 TV BZ ME
handele, so dass für dessen Einsatz dort Branchenzuschläge zu
zahlen seien. Diese könnten nicht auf die Autohersteller
reduziert werden. Bei den heutigen Produktionsmechanismen seien
zumindest die Montage und die Komplettierung zugelieferter Teile
integraler Bestandteil der Automobilfertigung. Die Beklagte meint,
bei dem Betrieb der L-GmbH handele es sich um einen
Dienstleistungsbetrieb, der nicht vom TV BZ ME erfasst sei.
Das BAG hat die Berufung der Beklagten gegen die klagestattgebende
Entscheidung des LAG Köln zurückgewiesen. Der fachliche
Geltungsbereich des aufgrund der beidseitigen Tarifbindung der
Parteien anwendbaren TV BZ ME sei eröffnet. Nach § 1 Nr. 2 S. 1
TV BZ ME gelte dieser fachlich u.a. für tarifgebundene
Mitgliedsunternehmen des iGZ, die – wie die Beklagte – im
Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung Beschäftigte in einem (...)
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