Dr.
Alexander Bissels
"Update Branchenzuschlag":
Anrechnung von übertariflichen Zulagen
Die in der Zeitarbeit inzwischen für einige Industriezweige
geltenden Tarifverträge über Branchentarifverträge haben es –
zumindest aus arbeitsrechtlicher Sicht – in sich. Diese sollen
eine Annäherung der den überlassenen Arbeitnehmern gewährten
Vergütung an das Entgelt der Stammmitarbeiter bei dem jeweiligen
Kunden – im Sinne des equal pay-Gedankens – gewährleisten.
Hoch umstritten sind dabei u.a. Fragen zur Bestimmung des
fachlichen Geltungsbereichs der Tarifverträge, insbesondere mit
Blick auf Schnittstelleneinsätze von Zeitarbeitnehmern in der
Kontraktlogistik (vgl. nur: Hess. LAG v. 19.01.2016 - 15 Sa 46/15,
15 Sa 47/15; LAG Rheinland-Pfalz v. 23.09.2015 - 7 Sa 145/15, 7 Sa
144/15; Thür. LAG v. 22.04.2015 - 4 Sa 87/14; Bissels,
jurisPR-ArbR 10/2016 Anm. 3), sowie zur Deckelung des
Branchenzuschlags (vgl. LAG Hamm v. 15.01.2015 - 17 Sa 1266/14;
LAG Hamm 28.07.2014 - 17 Sa 1479/13; Bissels, jurisPR-ArbR 50/2014
Anm. 6) oder zur Bestimmung des in diesem Zusammenhang relevanten
Vergleichsentgelts (vgl. LAG Schleswig-Holstein v. 12.02.2014 - 6
Sa 325/13; Bissels, jurisPRArbR 21/2014 Anm. 3).
Das LAG Berlin-Brandenburg musste sich – zumindest hinsichtlich
der Anwendung der Branchenzuschlagstarifverträge – mit einer
etwas "exotischeren" Rechtsfrage befassen, nämlich ob
und in welchem Umfang übertarifliche Zulagen auf einen
tariflichen Branchenzuschlag angerechnet werden dürfen (vgl. Urt.
v. 11.03.2016 - 2 Sa 1777/15).
Entscheidung des LAG Berlin- Brandenburg
Streitgegenständlich war dabei der Tarifvertrag über
Branchenzuschläge für die Arbeitnehmerüberlassungen in der
Chemischen Industrie (nachfolgend kurz: TV BZ Chemie). In dessen
§ 2 Abs. 5 ist geregelt, dass „der Branchenzuschlag nicht
verrechenbar mit sonstigen Leistungen jedweder Art ist. Der
Branchenzuschlag ist jedoch anrechenbar auf gezahlte
übertarifliche Leistungen. Bestehende einzelvertragliche
Regelungen, aus denen sich für die Beschäftigten günstigere
Arbeitsund Entgeltbedingungen ergeben als aus diesem Tarifvertrag
und den Tarifverträgen für BAP und iGZ, werden durch diesen
Tarifvertrag nicht berührt.“
Auf das zwischen dem klagenden Zeitarbeitnehmer und dem
Personaldienstleister bestehende Arbeitsverhältnis findet
unstreitig das Tarifwerk BAP/DGB und damit auch der TV BZ Chemie
Anwendung. Im Arbeitsvertrag ist vereinbart, dass der Kläger
entsprechend der vorgesehenen Tätigkeiten, für die der
Mitarbeiter eingestellt wird, gem. ERTV in die EG 2 Ost
eingruppiert wird. Die Vergütung beträgt 7,46 EUR brutto pro
Stunde zzgl. eines übertariflichen Lohnbestandteils i.H.v. 3,04
EUR brutto pro Stunde (insgesamt: 10,50 EUR brutto/Stunde). Nach
§ 4 Abs. 6 des Arbeitsvertrags werden übertarifliche Bezüge mit
tariflichen Erhöhungen, tariflichen einsatzdauerbezogenen
Zuschlägen und tariflichen einsatzbezogenen Tätigkeitszulagen
verrechnet.
Aufgrund von Erhöhungen der tariflichen Vergütung reduzierte
sich der übertarifliche Lohnbestandteil. Im relevanten Zeitraum
von Februar bis September 2014 betrug die vereinbarte tarifliche
Vergütung 8,01 EUR brutto und die übertarifliche Zulage 2,49 EUR
brutto pro Stunde (ÜTZ). Ab dem 01.06.2013 erhielt der Kläger
aufgrund seiner Tätigkeit als Teamleiter eine monatliche
einsatzbezogene Zulage i.H.v. 166,40 EUR brutto (EBZ). In der
maßgeblichen Einsatzvereinbarung aus dem Jahr 2013 heißt es
wörtlich:
„Anrechnung erfolgt gem. § 4 Arbeitsvertrag und gilt gem.
aktueller steuerlicher Richtlinie u. vorliegender
Dokumentation.“
Da die Anwendung des TV BZ Chemie zwischen der Beklagten und dem
bei ihr gebildeten Betriebsrat für den Betrieb, in dem der
Kläger eingesetzt wurde, streitig war, schlossen die
Betriebspartner eine Vereinbarung zur Ergänzung des TV BZ Chemie.
Danach verpflichtete sich die Beklagte zur Zahlung der
Branchenzuschläge ab Juli 2014. Für die Monate Februar bis Juni
2014 wurde Folgendes vereinbart:
"Für die 5 rückwirkenden Monate erfolgt eine
automatisierte
(...)
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