Dr.
Alexander Bissels
Personalgestellung vs.
AÜG – (noch) eine Konfliktsituation!
Die mit Wirkung zum 01.12.2011 vorgenommene Ergänzung des AÜG
in § 1 Abs. 1 S. 2, dass die Arbeitnehmerüberlassung
vorübergehend zu erfolgen hat, hat mannigfaltige Probleme
aufgeworfen, die sich u.a. darum ranken, wie der Begriff
"vorübergehend" von "dauerhaft" abgegrenzt
wird und welche Konsequenzen an einen Verstoß zu knüpfen sind.
Insbesondere bei einer Personalgestellung nach dem TVöD – also
überwiegend im öffentlichen Dienst – werden diese
Abgrenzungsprobleme virulent. Mit dem
"Kollisionsverhältnis" der Personalgestellung und § 1
Abs. 1 S. 2 AÜG musste sich jüngst das LAG Baden-Württemberg
auseinandersetzen – mit einem durchaus überraschenden Ergebnis.
Wenn die Personalgestellung als Arbeitnehmerüberlassung nach § 1
AÜG zu qualifizieren wäre, träte diese in einen offenen
Widerspruch zu § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG, ist diese doch auf einen
dauerhaften Einsatz angelegt. So heißt es in § 4 Abs. 3 TVöD
und einer Protokollerklärung dazu ausdrücklich:
"Werden Aufgaben der Beschäftigten zu einem Dritten
verlagert, ist auf Verlangen des Arbeitgebers bei weiter
bestehendem Arbeitsverhältnis die arbeitsvertraglich geschuldete
Arbeitsleistung bei dem Dritten zu erbringen
(Personalgestellung)."
"Personalgestellung ist - unter Fortsetzung des bestehenden
Arbeitsverhältnisses - die auf Dauer angelegte Beschäftigung bei
einem Dritten. Die Modalitäten der Personalgestellung werden
zwischen dem Arbeitgeber und dem Dritten vertraglich geregelt.“
Eingekleidet in eine betriebsverfassungsrechtliche Frage musste
sich das LAG Baden-Württemberg damit befassen, wie das
"Kollisionsverhältnis" von § 4 Abs. 3 TVöD und § 1
Abs. 1 S. 2 AÜG aufzulösen ist (Urt. v. 11.02.2016 - 3 TaBV
2/14).
Sachverhalt
Der Entscheidung lag dabei der folgende Sachverhalt zugrunde:
Der Arbeitgeber, der über eine Erlaubnis zur
Arbeitnehmerüberlassung verfügt und den TVöD auf die
Arbeitsverhältnisse der bei diesem tätigen Arbeitnehmer
anwendet, betrieb eine Zentralküche, deren Aufgabenfeld sich von
der reinen Essensversorgung der vor Ort zu betreuenden
Heimbewohner dahin verlagert hatte, dass zunehmend Kantinen in
Behörden und Firmen, Kindertagesstätten und Schulen versorgt und
beliefert wurden. Vor diesem Hintergrund gliederte der Arbeitgeber
den Bereich Küche und Catering aus und übertrug diesen auf eine
gemeinnützige GmbH, deren Alleingesellschafter der Arbeitgeber
ist. Die Arbeitsverhältnisse der von dem Arbeitgeber in den
übertragenen Bereichen tätigen Mitarbeiter gingen gem. § 613a
BGB auf die GmbH über. Arbeitnehmer, die dem Betriebsübergang
widersprochen haben, wurden im Wege der Personalgestellung gem. §
4 Abs. 3 TVöD bei der GmbH in den übertragenen Bereichen
eingesetzt.
Die Beteiligten streiten in der Folge über die Beteiligungsrechte
des bei dem Arbeitgeber gebildeten Betriebsrates im Zusammenhang
mit arbeitszeitrechtlichen Fragen bzgl. der der GmbH gestellten
Arbeitnehmer.
Entscheidung des LAG Baden- Württemberg
Dabei ist weniger das Ergebnis des Rechtsstreits in
mitbestimmungsrechtlicher Hinsicht interessant, als vielmehr die
Erwägungen, die das LAG Baden-Württemberg im Rahmen der
Prüfung, ob tatsächlich Mitbestimmungsrechte bestehen bzw. ob
diese verletzt worden sind, mit Blick auf die Kollision von § 4
Abs. 3 TVöD und § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG anstellt. Diese lassen sich
wie folgt zusammenfassen:
- Das AÜG soll auf die Personalgestellung nach § 4 Abs. 3 TVöD
anwendbar sein (vgl. LAG Baden- Württemberg v. 17.04.2013 - 4
TaBV 7/12; dazu: Bissels/Kiehn, ArbR 2013, 453; offen gelassen:
BVerwG v. 22.09.2015 - 5 P 12/14; a.A. Ruge/von Tiling, ZTR 2012,
263). Hiervon gehe auch das Bundesministerium des Inneren in
mehreren Rundschreiben aus (u.a. v. 21.12.2011 - D 5-220110/7).
Dagegen könne nicht eingewendet werden, dass der Geltungsbereich
des AÜG im Hinblick auf die Zielsetzung der Personalgestellung,
nämlich der Schutz des Arbeitnehmers vor dem neuen
Aufgabenträger und der Erhalt der angestammten
Arbeitsbedingungen, teleologisch zu reduzieren und die
Personalgestellung aus dem Geltungsbereich des AÜG (...)
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