Dr.
Alexander Bissels
Tarifliche
Branchenzuschläge: Anrechnung von Einsatzzeiten des
Zeitarbeitnehmers
Die tariflichen
Bestimmungen zu den Branchenzuschlägen geraten zunehmend in den
Fokus gerichtlicher Auseinandersetzungen. Dies dürfte aufgrund
der Neuartigkeit dieses Mechanismus zur Angleichung der Vergütung
von Zeitarbeitnehmern mit Stammbeschäftigten bzw. deren
erstmaliger Regelung in Tarifverträgen an sich nicht verwundern,
jedoch kann man sich des Gedankens nicht erwehren, dass z.T.
willkürlich Streitigkeiten "vom Zaun gebrochen werden",
um die im Rahmen der tariflichen Abschlüsse festgelegte
Geschäftsgrundlage wieder in Abrede zu stellen und bewusst
"Lücken" aufzuspüren, die sich in anspruchserhöhender
Weise nutzbar gemacht werden sollen. Erinnert sei nur an eine
Entscheidung des ArbG Stuttgart, das ernsthafte Zweifel angemeldet
hat, ob die tariflich vorgesehenen Möglichkeit der Deckelung der
Branchenzuschläge überhaupt wirksam ist (Urt. v. 21.11.2013 - 24
Ca 4398/13; dazu Bissels, BD 2/2014, 3 ff.). Das LAG
Rheinland-Pfalz hat sich inzwischen ebenfalls mit den TV BZ
befassen dürfen (Urt. v. 24.04.2014 – 5 Sa 25/14).
In dem Verfahren ging es um die Frage, ob die von dem
Zeitarbeitnehmer vor dem Inkrafttreten des Tarifvertrages über
Arbeitnehmerüberlassungen in der Textil- und Bekleidungsindustrie
vom 25.10.2012 (TV BZ TB) am 01.04.2013 bereits abgeleisteten
Zeiten der Tätigkeit im Kundenbetrieb anzurechnen sind, wenn der
Einsatz am 31.03.2013 endete, später aber wieder aufgenommen und
fortgesetzt wurde. Das Gericht stellt hierzu Folgendes fest:
Steht der Zeitarbeitnehmer am Stichtag (hier: 01.04.2013) in
keinem branchenzugehörigen Kundenbetrieb im Einsatz, kann er die
erste Stufe der tariflichen Branchenzuschläge nicht bereits am
dem 01.04.2013 beanspruchen, selbst wenn er bis zum 31.03.2013
mindestens sechs Wochen in einem Kundenbetrieb der Textil- und
Bekleidungsindustrie tätig war. Dies soll nach Ansicht des LAG
Rheinland- Pfalz zumindest dann gelten, wenn keine
rechtsmissbräuchliche Einsatzabmeldung erfolgt sei.
Sachverhalt
In dem vorliegenden Verfahren hätte der Zeitarbeitnehmer ab dem
01.04.2013 einen Branchenzuschlag verlangen können, da er zu
diesem Zeitpunkt bereits über sechs Wochen in einem vom TV BZ TB
erfassten Kundenbetrieb eingesetzt wurde. Der Kläger berief sich
auf § 6 Abs. 2 S. 1 TV BZ TB zur Anrechnung von Voreinsatzzeiten,
der wie folgt lautet:
"Mit Inkrafttreten des Tarifvertrages beginnen die für
die Berechnung des Branchenzuschlags maßgeblichen Einsatzzeiten
im jeweiligen Kundenbetrieb neu zu laufen.
Für Mitarbeiter, die am 01.04.2013 bereits sechs Wochen oder
länger im ununterbrochenen Einsatz im Kundenbetrieb stehen, gilt
die erste Stufe nach § 2 Abs. 3 bereits ab dem 01.04.2013 als
erfüllt. Dieser Mitarbeiter erreicht die nächste Stufe am
15.05.2013 und die dann folgenden weiteren Stufen zu den
entsprechenden Zeiten."
Zum 31.03.2013 wurde er jedoch abgemeldet und erst aufgrund eines
krankheitsbedingten Ausfalls eines Kollegen am 04./05.04.2013
sowie ab dem 06.05.2013 wieder in dem Textilbetrieb eingesetzt.
Mit seiner Klage macht der Zeitarbeitnehmer ergänzende
Branchenzuschläge für die Monate April bis September 2013
geltend.
Entscheidung des LAG Rheinland-Pfalz
Das ArbG Kaiserslautern gab der Klage statt. Zu unrecht – wie
das LAG Rheinland-Pfalz meint. Der Zeitarbeitnehmer hat nach
Maßgabe des TV BZ TB keinen über die bereits geleisteten
Zahlungen hinausgehenden Anspruch auf Branchenzuschläge, da der
Kläger am Tag des Inkrafttreten des TV BZ TB am 01.04.2013 in
keinem Kundenbetrieb der Textil- und Bekleidungsindustrie im
Einsatz gewesen sei. Nach § 6 Abs. 1 TV BZ TB beginnen die für
die Berechnung des Branchenzuschlags maßgeblichen Einsatzzeiten
ab diesem Zeitpunkt neu zu laufen. Vor dem 01.04.2013
zurückgelegte Zeiten der Beschäftigung im Kundenbetrieb fänden (...)
|