Dr.
Alexander Bissels
Rechtliche Tücken bei der
Formulierung von Vermittlungshonoraren
Die überlassenen
Zeitarbeitskräfte sind für den Personaldienstleister sein
"wichtigstes Gut". Vor diesem Hintergrund hat dieser
selbstverständlich ein Interesse daran, die Mitarbeiter an sein
Unternehmen zu binden und sollte dies – insbesondere im Falle
der Übernahme durch einen Kunden – nicht gelingen, zumindest
dafür einen finanziellen Ausgleich zu erhalten. Dies geschieht im
Wesentlichen durch im Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zwischen
dem Personaldienstleister und dessen Kunden vereinbarte
Vermittlungshonorare, die grundsätzlich zulässig sind (vgl. BGH
v. 10.11.2011 - III ZR 77/11). Dennoch gibt es AGB-rechtliche
Hürden, die – wenn diese nicht beachtet werden – zu einer
Unwirksamkeit der Klausel mit der Folge führen, dass der
Personaldienstleister trotz des Verlustes des Arbeitnehmers keine
finanzielle Entschädigung verlangen kann.
Das LG Flensburg hat in diesem Zusammenhang folgende Regelung
beanstandet (Urt. v. 06.12.2013 – 2 O 89/13):
"Geht der Entleiher mit einem Mitarbeiter oder Bewerber …
vor oder während eines bestehenden
Arbeitnehmerüberlassungsverhältnisses oder bis zu drei Monate
danach ein Arbeitsverhältnis ein, erhält … ein
Vermittlungshonorar entsprechend der ununterbrochenen
Überlassungsdauer beim Entleiher. …
Soweit im Rahmenvertrag nichts anderes vereinbart, erhält der
Verleiher folgendes Vermittlungshonorar:
- bis 1 Monat Überlassungsdauer 250 Std x Verrechnungssatz
- bis 2 Monate Überlassungsdauer 225 Std x Verrechnungssatz
- bis 3 Monate Überlassungsdauer 200 Std x Verrechnungssatz
- bis 4 Monate Überlassungsdauer 175 Std x Verrechnungssatz
- bis 5 Monate Überlassungsdauer 150 Std x Verrechnungssatz
- bis 6 Monate Überlassungsdauer 125 Std x Verrechnungssatz
- bis 7 Monate Überlassungsdauer 100 Std x Verrechnungssatz
- bis 8 Monate Überlassungsdauer 75 Std x Verrechnungssatz
- bis 9 Monate Überlassungsdauer 50 Std x Verrechnungssatz
- bis 10 Monate Überlassungsdauer 25 Std x Verrechnungssatz
- Ab dem 11. Monat ununterbrochener Überlassungsdauer ist keine
Provision mehr zu entrichten. …
Das jeweilige Vermittlungshonorar versteht sich zzgl. der
gesetzlichen MwSt.
Der Anspruch auf Vermittlungsprovision entsteht unabhängig davon,
ob zum Zeitpunkt der Übernahme des Mitarbeiters noch ein
Arbeitsverhältnis mit … besteht.“
Zunächst geht das LG Flensburg auf Grundlage der Rechtsprechung
des BGH davon aus, dass die Vergütung nach der Überlassungsdauer
degressiv gestaffelt ausgestaltet sein müsse, weil sich die in
der Vergütung einkalkulierten Kosten des Personaldienstleisters
mit zunehmender Dauer der Arbeitnehmerüberlassung amortisieren
und der mit dem Wechsel des Arbeitnehmers verbundene
wirtschaftliche Nachteil durch die Verleihvergütung
fortschreitend kompensiert werde. Diese Voraussetzung sei zwar
hier erfüllt. In die Bewertung seien aber zudem die
Verkehrsüblichkeit der vereinbarten Vergütung, das Marktniveau
einer funktionsgleichen Vermittlungsleistung sowie die
Qualifikation des betroffenen Arbeitnehmers einzustellen. Hieraus
folge, dass es für die Beurteilung einer Vergütung als
„angemessen“ nicht ausreiche, diese degressiv auszugestalten.
Vielmehr seien bei der abstrakten Bemessung der Vergütungshöhe
auch die genannten Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Dies könne
etwa geschehen, indem die Höhe der Vermittlungsprovision an das
jeweilige Bruttoeinkommen des betroffenen Arbeitnehmers geknüpft
werde, weil hierdurch ein Bezug zum Wert der Arbeitsleistung, zur
Qualifikation und zur bisherigen Tätigkeit des Arbeitnehmers
hergestellt werde - das jeweilige Bruttoeinkommen korrespondiere
mit dem wirtschaftlichen Wert des mit dem Wechsel des
Arbeitnehmers einhergehenden wirtschaftlichen Nachteils für den
Personaldienstleisters, des entsprechenden Vorteils für den
Kunden und einer funktionsgleichen Vermittlungsleistung.
Auch eine solche Verknüpfung sei aber nur angemessen, wenn sich
die danach bestimmbare (...)
|