Die
Wandlung der Rechtsprechung bei der Abgrenzung von Werkverträgen
und Arbeitnehmerüberlassung – Teil 4
Die Rechtsprechung zum
Rahmenwerkvertrag
1. Das Problem
Werden innerhalb eines Unternehmens bestimmte, abgrenzbare
Arbeiten wie die Ãœbernahme von Produktionslinien oder
Lagerarbeiten in der Logistikbranche auf Werkvertragsbasis an
Drittfirmen outgesourct, stellt sich die Frage, wie konkret die
Werkverträge ausgestaltet und durchgeführt werden müssen. Sind
Werkerfolge und geschuldete Werkleistungen im Vertrag nur
allgemein beschrieben, so dass der Inhalt der konkreten Tätigkeit
erst durch Weisungen des Inhabers des Einsatzbetriebs bestimmt
wird, sieht dies ein Teil der Rechtsprechung als ein Indiz für
eine verdeckte Arbeitnehmerüberlassung an (vgl. Hessisches
Landesarbeitsgericht, Urteil vom 19.11.2007, Az.: 16 Sa 569/07, Rn
31 bei juris). Als Grund dafür wird angegeben, dass detaillierte
Regelungen werkvertragstypisch seien (vgl. LSG Berlin-Brandenburg,
Urteil vom 15.07.2011, Az.: L 1 KR 206/09, Rn 133f bei juris),
wohingegen der Leiharbeitsvertrag weniger konkret ausgestaltet
sein könne, da hier der Leiharbeitnehmer im Rahmen des
Direktionsrechts angewiesen werden kann. Regelmäßig ist aber
eine ganz detaillierte Beschreibung der werkvertraglichen
Leistungen nach Ort, Art, Umfang, Güte, Zeit und Stückzahlen
über Monate oder Jahre im Voraus überhaupt nicht möglich und
auch nicht praktikabel. Die Praxis löst dieses Dilemma, indem sie
Rahmenwerkverträge mit detaillierten Leistungsverzeichnissen
abschließt und gleichzeitig aber vereinbart, dass die
beschriebenen Leistungen erst durch Wochen- oder Tagesaufträge
abgerufen werden.
2. Die neuere Entwicklung der Rechtsprechung
Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat sich im Urteil
vom 30.01.1991, Az.: 7 AZR 497/89 Rn 55 (bei juris) mit der
Zulässigkeit der Kombination von langfristigen
Rahmenwerkverträgen und Leistungsverzeichnissen in Verbindung mit
Einzelbestellungen auseinander gesetzt. Das BAG hat zunächst
festgestellt, dass werkbezogene Einzelweisungen, die der Kontrolle
dienen oder mit denen die Art, Reihenfolge und Einzelinhalte
verschiedener oder gleichartiger Werkleistungen im Rahmen der
zuvor vereinbarten Werkgegenstände festgelegt werden, nicht auf
eine Arbeitnehmerüberlassung schließen lassen, soweit sie nur
bezogen auf das konkrete Werk erteilt werden. Weist der Dritte
aber den Arbeitnehmer derart persönlich an, dass damit zugleich
Einsatz und Arbeit dieses einzelnen Arbeitnehmers unmittelbar für
ihn bindend organisiert werden, so spräche dies für ein
Vorliegen von Arbeitnehmerüberlassung.
Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung ist es also
unproblematisch, wenn Weisungen erteilt werden, in welcher
Reihenfolge ein konkretes Werk zu erstellen ist. Zudem wird man
annehmen müssen, dass immer dann, wenn ein oder mehrere
Werkerfolge vereinbart wurden, der Einzelauftrag durch die
Vorfestlegungen des zweiseitig bindenden Rahmenwerkvertrages eine
Bestimmung des Auftrages nur noch in engen Grenzen zulässt.
Einsatz und Arbeit werden dann durch den Auftrag allenfalls
mittelbar (vermittelt über den Rahmenwerkvertrag) bindend
organisiert. Auch das LAG Düsseldorf hat im Urteil vom
10.03.2008, Az.: 17 Sa 856/07 Rn 67 und 70 das Bestehen atypischer
Gestaltungsformen, wie beispielsweise der Rahmenwerkvertrag,
grundsätzlich anerkannt, zumindest wenn ein abgrenzbares, dem
Werkunternehmer zurechenbares Werk vorhanden ist.
Diese vom Bundesarbeitsgericht vorgegebenen Leitlinien hat jüngst
das LAG Berlin-Brandenburg im Urteil vom 12.12.2012, Az. 15 Sa
1217/12 uminterpretiert, indem es (...)
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