Dr.
Alexander Bissels
Keine
Tariffähigkeit der CGZP in der Vergangenheit –
Vertrauens-schutz nach wie vor offen!
Bekanntermaßen hat das BAG mit Beschluss vom 14.12.2010
festgestellt, dass die CGZP gegenwartsbezogen nicht tariffähig
ist. In weiteren Verfahren soll nun geklärt werden, ob dies auch
für die Vergangenheit gilt: das LAG Berlin-Brandenburg hat
bereits im Januar 2012 in einer Pressemitteilung bestätigt, dass
die CGZP mangels Tariffähigkeit am 29.11.2004, 19.06.2006 und
09.07.2008 keine Tarifverträge abschließen konnte (Beschl. v.
09.01.2012 – 24 TaBV 1285/11 u.a.). Nunmehr liegen auch die
vollständig abgesetzten Gründe vor, die im Folgenden näher
analysiert werden sollen.
Im Ergebnis sind die Ausführungen des Gerichts zur (fehlenden)
Eigenschaft der CGZP als tarifliche Spitzenorganisation wenig
überraschend, dennoch enthält der Beschluss einige interessante
Facetten, die für die Praxis von Bedeutung sein können:
Prozessualer Kniff?!
Aus prozessualer Sicht ist bereits interessant, dass sich der
ursprüngliche Antragssteller im Laufe des Aussetzungsrechtsstreit
über seine an sich streitigen equal pay-Ansprüche verglichen
hat; dessen Antragsbefugnis ist folglich entfallen und sein Antrag
wurde vom LAG Berlin-Brandenburg demgemäß bereits als
unzulässig qualifiziert. Was macht man nun, wenn einem der
eigentlich betroffene Arbeitnehmer, der das gegenständliche
Verfahren nach § 97 Abs. 5 ArbGG initiiert hat, „von der Fahne
geht“? Letztlich hat die 24. Kammer zahlreiche weitere
Arbeitnehmer als Antragssteller in das Verfahren als „notwendige
Streitgenossen“ gem. §§ 59 ff. ZPO eingebunden, nachdem diese
ihre Anträge in den zunächst separat geführten „eigenen“
Beschlussverfahren nach § 97 Abs. 5 ArbGG zur Beseitigung der
doppelten Rechtshängigkeit zurückgenommen hatten.
Über einen identischen Antrag könne – so das LAG
Berlin-Brandenburg – nur eine einheitliche Sachentscheidung
ergehen. Die Kammer sieht die Beteiligung der entsprechenden
Antragssteller in dem vorliegenden Verfahren als sachdienlich und
prozessökonomisch an. Hätten diese sich darauf verweisen lassen
müssen, ihre jeweils gesondert eingeleiteten Beschlussverfahren
zu Ende zu führen, hätte sämtlichen, dem zuerst eingeleiteten
Verfahren nachfolgende Beschlussverfahren zunächst das
Prozesshindernis der anderweitigen Rechtshängigkeit
entgegengestanden. Erledige sich das zuerst betriebene
Beschlussverfahren, z.B. durch einen Vergleich im
Ausgangsrechtsstreit, hätte erneut ein Verfahren nach § 97 Abs.
5 ArbGG eingeleitet werden müssen, um die Frage der
Tariffähigkeit der CGZP zu klären. Ausdrücklich formuliert
dabei das LAG Berlin-Brandenburg, dass es die Arbeitgeber der
jeweiligen Ausgangsrechtsstreitigen auf diese Weise in der Hand
hätten, durch günstige Vergleichsangebote an den jeweils
antragsstellenden Arbeitnehmer eine Sachentscheidung über die
Tariffähigkeit der CGZP zu verhindern oder wenigstens auf Jahre
hinaus zu verzögern. Dies entspreche nicht dem Zweck des § 97
Abs. 5 ArbGG.
Letztlich signalisiert das LAG Berlin-Brandenburg damit, dass es
durch die prozessuale Einbeziehung von weiteren Antragsstellern in
der Beschwerdeinstanz verhindern wollte, dass nach dem Vergleich,
der mit dem verfahrensführenden Arbeitnehmer geschlossen wurde,
ein neues Aussetzungsverfahren mit anderen Beteiligten vor dem
ArbG Berlin hätte initiiert oder fortgeführt werden müssen. Im
Ergebnis dürfte die Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg
(auch) davon getrieben gewesen sein, kurzfristig eine
zweitinstanzliche vergangenheitsbezogene Sachentscheidung zur
Tariffähigkeit der CGZP herbeizuführen – ohne einen erneuten
„Umweg“ über das ArbG Berlin nehmen zu müssen.
Keine Vertretung durch CGZP
Spannend sind zudem die Ausführungen der 24. Kammer zu der Frage,
ob die CGZP als Stellvertreterin der Mitglieder gehandelt hat (§
2 Abs. 2 TVG) mit der Folge, dass nicht die Tarifgemeinschaft,
sondern der jeweils vertretene Verband Tarifvertragspartei
geworden wäre; auf die Tarifunfähigkeit der CGZP würde es bei
einer entsprechenden Interpretation nicht mehr ankommen. Diese
Argumentation wird z.T. (...)
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